Anwaltshonorar und Gerichtskosten
Ich, Rechtsanwalt Engin Özcan, erläutere Ihnen auf dieser Seite die Grundzüge der Rechtsanwaltsvergütung und die grund-sätzliche Kostenstruktur der Gerichtsverfahren im Zivilrecht, Sozialrecht, Arbeitsrecht und Strafrecht.
Die Höhe des Honorars der Rechtsanwälte richtet sich grundsätzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und dem Vergütungsverzeichnis (VV RVG), das als Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG dem RVG angefügt ist. Das VV RVG enthält die meisten der sog. Gebührentatbestände. Diese geben entweder die Höhe der Anwaltsgebühren vor (Betragsgebühren) oder geben einen Gebührenrahmen vor, innerhalb dessen der Anwalt die Höhe seines Honorars bestimmen darf (Satzgebühren).
Zulässig: Honorarvereinbarung
Der Anwalt darf mit dem Auftraggeber für die Bearbeitung des Mandats eine individuelle Honorarvereinbarung abschließen. Honorarvereinbarungen sind vor allem dann geboten, wenn die gesetzlichen Gebühren keine angemessene oder kosten-deckende Vergütung darstellen. Die Honorarvereinbarung sollte vor Mandatserteilung schriftlich getroffen werden, damit der Auftraggeber vor Beginn der Tätigkeit des Anwalts entscheiden kann, ob er sich mit der Honorarforderung des Anwalts einverstanden erklärt. Die Honorarvereinbarung kann entweder eine pauschale Vergütung zum Gegenstand haben oder es kann vereinbart werden, dass der Anwalt nach Zeitaufwand bezahlt wird. Jedoch sind die Vereinbarungen über die Vergütung des Anwalts nach Zeitaufwand sehr oft Anlass für Streitigkeiten zwischen Anwalt und (Ex)-Mandant, da Mandanten sehr oft den in Rechnung gestellten Zeitaufwand nicht nachvollziehen wollen/können.
Das Beratungsgespräch beim Rechtsanwalt ist - entgegen weit verbreiteter Behauptung ("Beratung beim Anwalt kostet nix") - sehr wohl kostenpflichtig. Die gesetzliche Grundlage hierfür ist § 34 RVG.
Auch ist die Dauer des Beratungsgespräches kein Qualitätskriterium! Vielmehr ist ein kurzes Beratungsgespräch, in dem dennoch alle Fragen des Mandanten beantwortet werden konnten, eher ein Indiz dafür, dass der Anwalt in der behandelten Thematik sehr erfahren ist.
Aber: Die Beratungsgebühr fällt nicht an, wenn der Mandant den Anwalt wegen einer beabsichtigten Klage oder einer gegen ihn gerichteten Klage aufsucht. Aber auch, wenn der Mandant bei der Erstberatung den Klageauftrag erteilt ist die Beratungs-gebühr nicht zu bezahlen. Ebenso ist für die im laufenden oder beabsichtigten Klageverfahren geführten Gespräche die Beratungsgebühr nicht zu bezahlen. Denn in diesen Fällen sind die Beratungen mit der Verfahrensgebühr abgegolten, da der Anwalt in diesen Gesprächen die für das Klageverfahren erforderlichen Informationen erfragt.
In rechtlichen Angelegenheiten können Sie, wenn Sie die Unterstützung durch einen Anwalt benötigen, diesen aber nicht be-zahlen können, bei dem Amtsgericht Ihres Wohnortes einen Beratungshilfeschein für die Vergütung des Anwalts beantragen.
Die Erteilung eines Beratungshilfescheines unterliegt folgenden Voraussetzungen, die alle zusammen erfüllt sein müssen (so § 1 BerHG).
Bei Antragstellung muss gegenüber den Rechtspflegern (dies sind die hierfür zuständigen Beamten im Amtsgericht) das be-rechtigte Interesse durch Vorlage des belastenden Bescheids (o.ä.) nachgewiesen werden. Und durch Vorlage aussage-kräftiger Unterlagen (aktuelle Lohnabrechnungen oder aktueller Leistungsbescheid des Jobcenters bzw. Sozialamts, Konto-auszüge, ggf. Mietvertrag) wird die Bedürftigkeit belegt.
Der Beratungshilfeschein umfasst aber auch die gegebenenfalls entstehende Geschäftsgebühr, die entsteht, falls der Rechts-anwalt in derselben Angelegenheit, für die der Beratungshilfeschein beantragt und erteilt wurde, mit der Gegenseite Schrift-verkehr führen muss; insofern ist die Bezeichnung "Beratungs"hilfeschein irreführend.
In strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gilt der Beratungshilfeschein lediglich für die Erstberatung und nicht für die weitere anwaltliche Tätigkeit!
Bei zivilrechtlichen Klagen richten sich die Kosten nach dem Gegenstands-/Streitwert. Hier gelten dieselben Regelungen, die für die Geschäftsgebühr gelten.
Der Anwalt darf für seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren nicht weniger Honorar verlangen, als es das RVG vorsieht. Denn das RVG sieht Mindesthonorare vor und der Anwalt darf die Gebühren-Untergrenze nicht unterschreiten. Hingegen ist es zulässig, dass der Anwalt mit seinem Mandanten auch wegen der gerichtlichen Kosten (Verfahrens- und Terminsgebühr) eine Honorarvereinbarung trifft, mit der ein höheres Honorar vereinbart wird, als es das RVG vorsieht. Diese Vereinbarung gilt aber nur zwischen Mandant und Anwalt. Die Gegenseite, der die Kosten auferlegt werden, muss nur die Gebühren in gesetz-licher Höhe erstatten. Daher sind die Kosten eines zivilrechtlichen Verfahrens in der Regel im Voraus kalkulierbar.
Der Kläger eines zivilrechtlichen Verfahrens muss die Gerichtskosten, die seitens des Gerichts angefordert werden, im Vor-aus bezahlen. Das Klageverfahren wird erst nach Zahlung der Gerichtskosten bearbeitet.
• Verfahrensgebühr (= Gebühr für die Prozessführung)
Der Anspruch des Rechtsanwalts auf diese Gebühr entsteht bereits mit der Einholung der Informationen, die für die Erstel-lung der Klage erforderlich sind.
• Terminsgebühr (= Gebühr für die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung) Diese Gebühr kann - gemäß gesetzlicher Regelung - auch ohne Stattfinden einer Gerichtsverhandlung anfallen
• ggf. Einigungsgebühr, hier gelten dieselben Regelungen, wie für die Geschäftsgebühr auch
• Auslagenpauschale, hier gelten dieselben Regelungen, wie für die Geschäftsgebühr auch.
• Fahrtkosten (des Anwalts)
• Abwesenheitspauschale (Entschädigung dafür, dass der Anwalt seiner Kanzlei fernbleiben muss
Die für ein arbeitsgerichtliches Verfahren anfallenden Gebührenpositionen sind identisch mit denen, die für ein zivil-gerichtliches Verfahren entstehen (Verfahrensgebühr, Terminsgebühr etc.). Jedoch gibt es 2 wesentliche Unterschiede zwischen den Verfahren vor den Arbeitsgerichten und den Verfahren vor den Zivilgerichten.
In den Verfahren vor den Arbeitsgerichten werden Gerichtskosten nur dann (nachträglich) erhoben, wenn das Verfahren mit einem Urteil endet - was bei Kündigungsschutzklagen selten vorkommt.
Zudem gibt es in den Verfahren vor dem Arbeitsgericht in der 1. Instanz keine Kostenerstattung, d.h. die Parteien müssen die Kosten ihres Rechtsanwalts selbst tragen, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.
vor-/außergerichtliche Anwaltskosten im Sozialrecht
Im Sozialrecht ist bezüglich der sozialrechtlichen Geschäftsgebühr (d.h. die anwaltliche Tätigkeit vor einem oder anstatt eines Gerichtsverfahrens) ein gebührenrechtlicher Betragsrahmen mit der Mindest- und der Maximalgebühr vorgegeben.
Der Anwalt ist befugt, sein Honorar innerhalb dieses Rahmens nach eigenem Ermessen festzulegen.
Besteht der Auftraggeber aus mehreren Personen, erhöht sich die Geschäftsgebühr durch die Erhöhungsgebühr. Dies gilt auch bei Vertretung einer Familie oder einer Bedarfsgemeinschaft (die fast immer - aber nicht zwingend - eine Familie ist). Hier gelten dieselben Regelungen, wie für die Geschäftsgebühr im Zivilrecht auch.
Wenn der Mandant nach Mandatierung des Rechtsanwalts, aber noch vor dessen Tätigwerden, seine Angelegenheit nicht weiter verfolgen möchte, hat er dem Rechtsanwalt dennoch die Gebühr für die Erstberatung (max. 226,10 €), die diesem gemäß § 34 Abs. 1 S. 3 RVG zusteht, zu zahlen. Diese Regelung ergibt sich aus § 15 Abs. 4 RVG.
Hinzu kommt die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer (19%). Auch diesbezüglich gelten die selben Regelungen, wie für die Geschäftsgebühr im Zivilrecht auch.
Im Falle eines Obsiegens oder im Falle einer Einigung übernimmt in der Regel (d.h. es gibt Ausnahmen) die Behörde (= Gegner) die Kosten der Inanspruchnahme des Rechtsanwalts.
Anwalts- und Prozesskosten bei einer Klage vor dem Sozialgericht
Auch bezüglich der Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren ist ein gebührenrechtlicher Betrags-rahmen mit der Mindest- und der Maximalgebühr vorgegeben. Der Anwalt ist auch wegen seiner Gebühren, die für das Klageverfahren anfallen, befugt, sein Honorar innerhalb dieses Rahmens der Höhe nach festzulegen. Diesbezüglich gelten die selben Bestimmungen, die für die Geschäftsgebühr im Sozialrecht auch gelten.
Die für ein sozialgerichtliches Verfahren abrechenbaren Gebührenpositionen sind identisch mit denen, die für ein zivil-gerichtliches Verfahren entstehen (Verfahrensgebühr, ggf. Erhöhungsgebühr, Terminsgebühr etc.). Jedoch sind die Gebühren in sozialgerichtlichen Verfahren der Höhe nach andere als die im zivilgerichtlichen Verfahren. Weitere relevante Unter-schiede sind die, dass die sozialgerichtlichen Verfahren lediglich für den in § 183 SGG benannten Personenkreis Gerichts-kostenfrei sind. Verfahrensbeteiligte, die nicht zu diesem Personenkreis gehören, müssen die Gerichtskosten bezahlen; dies ergibt sich aus § 184 SGG. Auch müssen die Bürger, die das Gerichtsverfahren verlieren, nicht die Anwaltskosten der Behörde tragen. Denn die Behörden vertreten sich selbst und brauchen daher keinen externen Rechtsanwalt. Hingegen muss die verklagte Behörde im Falle einer Prozessniederlage (oder ggf. bei einem Vergleich) dem Bürger die diesem ent-standenen Rechtsanwaltskosten in der Regel (d.h. es gibt Ausnahmen) erstatten.
Falls Sie einen berechtigten Rechtsstreit führen müssen oder zu Unrecht verklagt werden, gibt es die Möglichkeit Prozess-kostenhilfe (Pkh) in Anspruch zu nehmen.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Pkh sind dieselben, wie die für die Bewilligung von Beratungshilfe. Zum einen muss finanzielle Bedürftigkeit vorliegen und die beabsichtigte Rechtsverfolgung muss hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten. Dies bedeutet, dass "der Staat" nicht einen willkürlichen Rechtsstreit finanzieren will.
In Verfahren vor dem Arbeitsgericht und in Verfahren vor dem Sozialgericht wird lediglich die finanzielle Bedürftigkeit überprüft.
Wenn der Pkh-Antrag bewilligt wird, ist der Kläger von der Zahlung der Gerichts- und Anwaltskosten befreit. Diese werden dann von der Staatskasse übernommen. Nicht selten wird Pkh mit Ratenzahlung bewilligt. Dies bedeutet, dass der Pkh-Empfänger die ihm bewilligte Pkh nach Abschluss des Rechtsstreits in monatlichen Raten (max. 48 Raten) an die Landes-kasse zurückzahlen muss – wenn er dazu wirtschaftlich in der Lage ist.
Bitte beachten Sie hierzu:
• Im Falle der Ablehnung des Pkh-Antrags darf der Anwalt seine Tätigkeit für die Beantragung von Pkh dem Mandanten in Rechnung stellen. Denn die Beantragung der Pkh ist als anwaltliche Tätigkeit kostenpflichtig.
• Sollte der Pkh-Antrag erst im Laufe oder gar am Ende des Rechtsstreits abgelehnt werden, muss der Pkh-Antragsteller die Kosten seines Anwalts für die Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren selbst bezahlen. Insbesondere in den Verfahren vor den Sozialgerichten wird u.U. erst in einem späten Verfahrensstadium über den Pkh-Antrag entschieden.
• In zivilgerichtlichen Verfahren muss im Falle einer Prozessniederlage der Pkh-Empfänger das Anwaltshonorar der Gegen-seite übernehmen; für diese Kostenerstattungspflicht gibt es keine Prozesskostenhilfe und auch keine sonstige staatliche finanzielle Hilfe. Einer Prozessniederlage kommt es gleich, wenn ein im Selbstständigen Beweisverfahren erstelltes Gut-achten zu dem Ergebnis kommt, dass der behauptete Schaden (Behandlungsfehler o.ä.) nicht vorliegt.
Anwalts- und Gerichtskosten in Strafverfahren
Ich schließe wegen der Vergütung meiner Tätigkeit in Bußgeld- und Strafverfahren mit meinen Mandanten immer eine indi- viduelle Honorarvereinbarung ab. Diese wird vor Mandatserteilung geschlossen und umfasst die Verfahrensabschnitte, die in der Honorarvereinbarung dargelegt werden.
In Bußgeldverfahren werden seitens der Behörde nur im Falle eines Schuldspruchs Bearbeitungsgebühren in Rechnung ge-stellt; in Strafverfahren werden Gerichtskosten nur im Falle einer Verurteilung dem Angeklagten auferlegt. Im Falle einer Einstellung des Bußgeld-/Ermittlungsverfahrens oder eines Freispruchs im Strafprozess übernimmt die „Staats-kasse“ auch die Kosten des Rechtsanwalts (hier Verteidiger genannt).
Beiordnung als Opferanwalt bzw. Nebenklagevertreter
Bei nebenklagefähigen Delikten besteht die Möglichkeit, dass ich als Nebenklagevertreter beigeordnet werde; ggf. auf Kosten der Staatskasse. Das Verfahren der Beiordnung und der Übernahme der anwaltlichen Gebühren durch die Staatskasse ist das gleiche wie die Prozesskostenhilfebeantragung.
Rechtsschutzversicherung
Eine Rechtsschutzversicherung trägt die sich aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ergebenden Rechtsanwaltskosten sowie die Gerichts- und ggf. auch die Gutachterkosten, sofern das Gutachten durch das Gericht in Auftrag gegeben wurde. Daher ist der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung an sich durchaus ratsam.
Sie sollten vor Abschluss einer Rechtsschutzversicherung überlegen, für welche Lebensbereiche (Arbeit, Miete etc.) Sie eine Rechtsschutzversicherung brauchen könnten, denn Rechtsschutzversicherungen beruhen auf dem Prinzip der Spezialität. Dies bedeutet, dass Versicherungsschutz immer nur für den vereinbarten Schutzbereich (= Lebensbereich) besteht. Daher sollten Sie bei Vertragsschluss genau festlegen, für welchen Schutzbereich Rechtsschutz bestehen soll. Gerade im Hinblick auf die Kostentragungspflicht in Verfahren vor den Arbeitsgerichten ist der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung rat-sam. Bitte beachten Sie, dass nahezu alle Rechtsschutzversicherungsverträge eine Wartezeit von 3 Monaten vorsehen.
Die anwaltliche Korrespondenz mit der Rechtsschutzversicherung wegen des Rechtsstreits, für den die anwaltliche Ver-gütung eingefordert wird, ist ein gesondertes Mandat, für das der Anwalt eine Vergütung verlangen darf. Dies gilt erst recht, wenn die Rechtsschutzversicherung die Kostenübernahme - warum auch immer - verweigern sollte. Aber auch die anwalt-liche Tätigkeit für die Einholung der Kostendeckungszusage wird von der Rechtsschutzversicherung nicht vergütet.